
PATTAYA, Thailand – Auf YouTube, der weltweit zweitgrößten Suchmaschine nach Google, kursieren derzeit zahlreiche beliebte Videos, die den angeblichen Absturz Thailands vom Paradies zur Tragödie für westliche Expats beschreiben. Immer wieder geht es um Panik vor neuen Steuern und Visaregeln, geheime Pläne der thailändischen Regierung, alle „nicht-reichen“ Ausländer loszuwerden, und dramatische Behauptungen über Massenabschiebungen.
Benjamin Hart, Gründer der Kanzlei Integrity Legal in Bangkok und selbst thailändischer Staatsbürger, hat in seinem Video „Debunking Thai Secret Plan Against Expats“ viel von diesem populären Clickbait-Material kritisch auseinandergenommen. Er räumt ein, dass das Leben für westliche Expats in Thailand schwieriger geworden ist – niemand spricht heute noch von „Paradies“. Doch eine Verschwörung, um Ausländer gezielt zu vertreiben, sieht er nicht. Die Pattaya Mail hat sich einige der strittigen Punkte näher angesehen:
Das Gras ist grüner …
Beliebt ist der Vergleich mit Nachbarländern wie Kambodscha oder Vietnam, die angeblich günstigere Einkommenssteuern bieten. Kritiker behaupten, Thailand plane nach dem OECD-Modell auch auf Auslandseinkommen Steuern zu erheben, selbst wenn dieses nicht ins Land überwiesen wird. Tatsächlich meidet Thailand bisher diesen Weg – während Kambodscha und Vietnam längst mit der OECD kooperieren. Sicher ist allerdings nichts.
Visa nur für Reiche?
Das 10-jährige Long-Term-Residence-Visum richtet sich eindeutig an Vermögende. Doch das Destination-Thailand-Visum ermöglicht fünf Jahre Aufenthalt – bei Pflicht, einmal jährlich auszureisen – und ist finanziell überschaubar. Auch das Thailand Privilege Bronze-Visum für rund 19.000 US-Dollar für fünf Jahre ist nicht billig, aber nicht unbezahlbar. Die bekannten Rentnervisaverlängerungen („O“ und „OA“) kosten jährlich gerade einmal rund 55 US-Dollar.

Anonyme Beamte und Fantasie-Zahlen
Verschwörungstheoretiker berufen sich oft auf angebliche Aussagen unbekannter Polizisten, wonach Expats mit KI-gestütztem „Social Credit Scoring“ überwacht und bei zu geringem Einkommen ausgewiesen würden. Ebenso kursieren fragwürdige Statistiken zu Verhaftungen. Tatsache ist: Über 90 % der Abschiebungen betreffen Staatsangehörige aus Nachbarländern.
Krankenhäuser können Visa entziehen?
Das Problem unbezahlter Krankenhausrechnungen ist alt. Aber dass Kliniken Visa annullieren oder über Ländergrenzen hinweg eintreiben könnten, ist weder realistisch noch vorgesehen. Botschaften warnen stattdessen vor fehlender Krankenversicherung.
Einkommensteuer sei drakonisch?
Aktuell plant Thailands Finanzministerium eine Gesetzesänderung, wonach im Ausland erzieltes Einkommen steuerfrei bleibt, wenn es noch im selben oder folgenden Jahr überwiesen wird. Doch Kritiker wittern erneut nur eine „Falle“, belegt von einem namenlosen Polizisten.
Bankkonten – Chaos statt Plan
Tatsächlich haben Touristen ohne Non-Immigrant-Visum derzeit kaum Chancen, ein Konto zu eröffnen. Zudem gibt es Gerüchte, dass bestehende Konten bis zu vier Monate eingefroren werden könnten, wenn der Verdacht auf Geldwäsche besteht. Grund ist nicht Verschwörung, sondern langjährig laxe Kontrollen, die nun verschärft werden.
Fazit:
Thailand ist nicht mehr das wilde Paradies der 1980er und 1990er Jahre. Bürokratie und strengere Regeln nerven viele Langzeit-Expats. Doch die These, dunkle Kräfte würden gezielt nur noch reiche Global Player ins Land holen wollen, ist stark übertrieben. Ob Neuwahlen, Regierungswechsel oder gar ein Putsch: Thailand bleibt stets überraschend – und widersetzt sich simplen Erklärungen.










