Experten uneinig über Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Putsches in Thailand

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Premierministerin Paetongtarn Shinawatra im Gespräch mit Generalleutnant Boosin Padklang, Kommandeur der 2. Armee-Region.

BANGKOK, Thailand – Mehrere Quellen warnen davor, dass ein neuer Militärputsch in Thailand innerhalb weniger Wochen oder Monate durchaus möglich sei. Der Council on Foreign Relations, der thailändische Tourism Council sowie Verteidigungsminister Phumtham Wechayachai haben alle angedeutet, dass in Thailands „Putsch-Kultur“ ein „nicht-demokratischer Zwischenfall“ nicht ausgeschlossen sei.

Im Fokus stehen zwei akute Gefahrenherde: Zum einen der schwelende Grenzkonflikt mit Kambodscha, wo auf thailändischer Seite de facto bereits das Kriegsrecht herrscht. Zum anderen befürchten Beobachter, dass geplante Anti-Regierungsdemonstrationen in Bangkok eskalieren könnten. Hinter beiden Spannungen steht ein wachsender Nationalismus und Patriotismus in Teilen der Bevölkerung.



Territoriale Grenzstreitigkeiten spielten auch bei den Putschen von 2006 und 2014 eine Rolle – wenn auch nicht in der derzeitigen Intensität. In beiden Fällen wurde eine regierungsnahe Shinawatra-Administration abgesetzt – eine Parallele zur aktuellen politischen Situation. In den vergangenen 100 Jahren hat Thailand 22 Putschversuche erlebt, von denen 13 erfolgreich waren.

Dennoch gibt es auch Stimmen, die einen unmittelbar bevorstehenden Militärputsch infrage stellen. Professor Thitinan Pongsudhirak, Experte für internationale Sicherheit, betont, dass sich das Militär der wirtschaftlich angespannten Lage bewusst sei – ein Umstand, der durch einen Putsch noch verschärft würde. Besonders der für Thailand so wichtige internationale Tourismus könnte einbrechen, wenn beispielsweise Reiseversicherungen durch Verhängung des Kriegsrechts ihre Gültigkeit verlieren.


Ein solcher Putsch wäre zudem der erste unter der neuen Regentschaft und könnte deshalb auf besonders starke Ablehnung stoßen. Auch wird darauf hingewiesen, dass das Verfassungsgericht eingreifen und Premierministerin Paetongtarn Shinawatra entweder entlasten oder vorübergehend suspendieren könnte, bis eine juristische Prüfung abgeschlossen ist. Der Grenzkonflikt mit Kambodscha wiederum könnte sich sowohl zuspitzen als auch entschärfen – etwa durch eine einvernehmliche Wiederöffnung der Grenzübergänge.

In einem Punkt jedoch herrscht Einigkeit unter allen Kommentatoren, ob optimistisch oder pessimistisch: Das entscheidende Ereignis wird die für das kommende Wochenende geplante Großdemonstration in Bangkok sein. Sollte sie friedlich verlaufen und von der Polizei ohne militärische Unterstützung unter Kontrolle gehalten werden, könnte ein gefährlicher Showdown vermieden werden. Kommt es jedoch zu Gewalt oder einem längeren politischen Patt, wächst die Wahrscheinlichkeit eines Eingreifens des Militärs.

Der frühere Premierminister Prem Tinsulanonda brachte es einst auf den Punkt: „Ein Putsch ist nichts weiter als ein Pflaster auf eine offene Wunde.“