Vereinte Nationen bleiben neutral im Thai-kambodschanischen Grenzkonflikt

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Der UN-Sicherheitsrat debattiert über die Gewalt an der thailändisch-kambodschanischen Grenze. (Archivfoto der Vereinten Nationen)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC) hat in den aktuellen Grenzstreitigkeiten zwischen Thailand und Kambodscha keine Partei ergriffen. Thailands Außenminister Maris Sangiampongsa, der soeben aus New York zurückgekehrt ist, berichtete, dass alle 15 Mitglieder des Rates zu nachbarschaftlichem Dialog und Frieden aufgerufen hätten. Eine formelle Erklärung wurde jedoch nicht verabschiedet, ebenso wenig wie eine Parteinahme. Stattdessen betonten die Mitglieder ihre Unterstützung für die Vermittlungsrolle der ASEAN-Staatengruppe, wie sie in deren Charta vorgesehen ist. Allerdings scheut sich ASEAN traditionell davor, sich in konkrete territoriale Streitfragen einzumischen, die oft auf Grenzziehungen von Kolonialmächten vor über hundert Jahren zurückgehen.



In Bangkok wurde dieser Ausgang mit Erleichterung aufgenommen. Kambodscha hatte das Treffen des UNSC am 26. Juli initiiert, und es wurde vermutet, dass einige der derzeitigen Ratsmitglieder (fünf ständige und zehn nicht-ständige) engere Verbindungen zu Kambodscha als zu Thailand haben könnten. Der Sicherheitsrat hätte die Befugnis, eine Untersuchungskommission einzusetzen, Truppen in Krisengebiete zu entsenden oder den Fall direkt an den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag weiterzuleiten. Doch dazu kam es offenbar nicht. Der IGH hatte bereits 1962 und 2013 Kambodschas Position zu bestimmten Grenzfragen, insbesondere zum Preah-Vihear-Tempel, gestützt, jedoch die Besitzverhältnisse des umliegenden Geländes offengelassen. Thailand wiederum hatte IGH-Urteile bereits ab 1960 nicht anerkannt.


Tatsächlich weigern sich auch andere Länder, IGH-Entscheidungen zu akzeptieren. Israel und China lehnten Urteile ab, die ihren nationalen Interessen widersprachen; die USA ignorierten gleich mehrere solcher Entscheidungen. Erst vergangene Woche erklärte das US-Außenministerium, dass das jüngste IGH-Urteil, alle Staaten müssten dem Klimawandel aktiv entgegentreten, lediglich beratenden Charakter habe. Unter der Trump-Regierung verfolgten die USA zudem eine Politik der verstärkten Ölförderung („Drill Baby Drill“). Auch Großbritannien kündigte an, die Entscheidung zunächst prüfen zu wollen, bevor man über eine Annahme entscheide.


Der Sicherheitsexperte und außerordentliche Professor Panitan Wattanayagorn bezeichnete das Ergebnis des Sicherheitsrates als günstig für Thailand, mahnte jedoch, dies sei nur der Auftakt eines langen diplomatischen Prozesses. Kambodscha habe bereits eigenständig den IGH angerufen, allerdings könnte sich dieser Fall über Jahre hinziehen – vor allem ohne Rückendeckung der Vereinten Nationen. Der IGH ist derzeit ohnehin mit vielen anderen Konflikten wie in Haiti, im Kongo, in Syrien und am Roten Meer ausgelastet. Panitan empfahl, aktiv Drittstaaten einzubinden und umfangreich über mutmaßliche kambodschanische Verstöße gegen thailändische Souveränität zu informieren. Dazu zählten etwa Landminen, Artilleriebeschuss auf Krankenhäuser, Schulen und zivile Ziele – möglicherweise sogar Verbrechen gegen die Menschlichkeit.


Unterdessen erklärten thailändische Aktivisten in den Grenzregionen gegenüber Reportern, es sei offensichtlich, dass Kambodscha die jüngsten Gefechte begonnen habe. Als Beweis nannten sie, dass thailändische Kinder zum Zeitpunkt des Angriffs noch in ihren Klassenzimmern saßen, während kambodschanische Kinder bereits vorher nach Hause geschickt worden seien, um sie in Sicherheit zu bringen. Auch Satellitenbilder sollen zeigen, dass kambodschanische Truppen zuerst angegriffen hätten, doch diese Informationen wurden dem Sicherheitsrat nicht vorgelegt.