Grenzstreit zwischen Thailand und Kambodscha durch wirtschaftliche Interessen verschärft

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Die Tempelanlage Preah Vihear gehört zu Kambodscha – doch der leichte Zugang erfolgt von Thailand aus.

Der anhaltende Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha wird nicht nur durch Nationalstolz befeuert, sondern auch durch erhebliche wirtschaftliche Interessen. Im Zentrum des Streits steht das Gebiet nördlich des kambodschanischen Preah-Vihear-Tempels, zu dem der einfachste Zugang derzeit von thailändischer Seite aus erfolgt. Die kambodschanische Route über das Gebirge ist schwer zugänglich – sowohl für Touristen als auch für Fahrzeuge.

Sollte Kambodscha die Kontrolle über den flachen Zugang gewinnen, könnte das 1.000 Jahre alte Heiligtum zu einem Touristenmagneten wie Angkor Wat werden – mit entsprechenden Einnahmen. Doch bisher blockiert Thailand diesen Weg, was den Konflikt weiter anheizt.



Ein weiterer, weniger bekannter, aber ebenso brisanter Streitpunkt liegt im Süden, in den Gewässern des Golfs von Thailand. Dort vermuten Geologen erhebliche Vorkommen an Öl und Gas. Die Streitfrage: Wem gehört die strategisch gelegene Insel Koh Kut? Weil sich beide Seiten nicht auf eine Lösung einigen konnten, bleibt die Ausbeutung der Ressourcen bislang ausgesetzt.

Die historischen Ursachen des Konflikts reichen zurück in die Kolonialzeit. Zwischen 1867 und 1907 schloss Frankreich – damalige Kolonialmacht in Kambodscha – mehrere teils unklare Grenzabkommen mit Siam (heute Thailand). Die japanische Besatzung während des Zweiten Weltkriegs verschärfte die Unübersichtlichkeit zusätzlich. Ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag aus dem Jahr 1962 sprach den Tempel Preah Vihear Kambodscha zu, äußerte sich aber nicht zu den angrenzenden Landflächen – was die jurische Lage bis heute kompliziert.


Dass Kambodscha nun erneut den IGH als Schlichter anrufen will, während Thailand direkte bilaterale Gespräche bevorzugt, ist daher wenig überraschend. Die Spannungen sind real: In der Vergangenheit kam es mehrfach zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Toten auf beiden Seiten. 2003 etwa brannten wütende Kambodschaner die thailändische Botschaft in Phnom Penh nieder, nachdem eine thailändische Schauspielerin Siem Reap öffentlich als „ehemals thailändisch“ bezeichnet hatte. Im Mai 2025 starb ein kambodschanischer Soldat an der Grenze – seither gilt dort Kriegsrecht auf thailändischer Seite.

Solange Nationalstolz und gegenseitige Vorwürfe die Debatte bestimmen, erscheint eine gemeinsame Souveränitätslösung unwahrscheinlich. Die beste Hoffnung ruht derzeit auf neutralen Vermittlern wie dem malaysischen Premierminister Anwar Ibrahim, der beide Seiten zur Deeskalation bewegen könnte. Andernfalls drohen militärische Eskalationen mit unvorhersehbaren Folgen.

Thailand steht dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag skeptisch gegenüber – auch wegen früherer Urteile.