
In den vergangenen Wochen hat die ungewöhnliche Stärke des thailändischen Baht viele Beobachter verwundert. Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dies sei eine positive Nachricht – schließlich wird eine starke Währung oft mit einer starken Wirtschaft gleichgesetzt. Doch die Realität ist weitaus komplexer.
Das Dollar–Baht-Paradox
Auf globaler Ebene zeigt der US-Dollar derzeit Anzeichen von Schwäche. Normalerweise passen sich Währungen wie der thailändische Baht daran an, sodass sie die realen wirtschaftlichen Bedingungen widerspiegeln. Angesichts schwacher Exporte, geringer Binnennachfrage und einer langsamen Erholung des Tourismussektors müsste der Baht eigentlich bei 35–36 Baht pro US-Dollar notieren, anstatt im Bereich von 33–34.
Diese Diskrepanz wirft die zentrale Frage auf: Warum wertet der Baht auf, obwohl die Fundamentaldaten dagegen sprechen?
Die Rolle des „grauen Kapitals“
Eine Erklärung, die zunehmend an Gewicht gewinnt, ist der Zufluss sogenannter „grauer Gelder“ – Kapital unbekannter oder fragwürdiger Herkunft, das über informelle Kanäle nach Thailand gelangt. Der Ablauf sieht häufig so aus:
- Unbekanntes Kapital fließt nach Thailand und wird in Baht gewechselt.
- Mit dem Baht werden digitale Vermögenswerte erworben.
- Diese digitalen Assets werden wieder in Baht liquidiert und auf thailändische Bankkonten eingezahlt.
- Das Geld wird abgehoben und in Konsum oder Reinvestitionen geleitet.
Dieser Kreislauf erzeugt eine künstliche Nachfrage nach Baht und treibt seinen Wert über das hinaus, was die Realwirtschaft rechtfertigen würde. Mit anderen Worten: Die Stärke des Baht spiegelt weniger eine wirtschaftliche Erholung wider, sondern vielmehr spekulative Kapitalströme.
Warum die Bank of Thailand besorgt ist
Die thailändische Zentralbank (BoT) hat dieses Phänomen erkannt. In den vergangenen Jahren verschärfte sie die Regeln für Nicht-Residenten-Konten in Baht, begrenzte spekulative Transaktionen und untersagte bestimmte Derivategeschäfte, um die Spekulation mit dem Baht einzudämmen. Dahinter steht die Sorge, dass die Währung eher durch externe Kapitalflüsse als durch inländisches Wachstum verzerrt wird.
Folgen für die Wirtschaft
- Irreführende Signale: Ein starker Baht bedeutet nicht automatisch eine starke Wirtschaft, sondern kann bestehende Schwächen überdecken.
- Exportwettbewerbsfähigkeit: Ist der Baht zu stark, geraten thailändische Exporteure unter Druck.
- Arbeitsplätze und Investitionen: Eine Überbewertung kann ausländische Investitionen dämpfen und den Arbeitsmarkt belasten.
- Volatilität: Von grauem Kapital getriebene Wechselkursbewegungen machen langfristige Planungen für Unternehmen schwieriger.
Fazit
Die aktuelle Aufwertung des Baht sollte nicht oberflächlich interpretiert werden. Sie ist vielmehr ein Hinweis darauf, genauer zu hinterfragen, welche Art von Geld diese Stärke antreibt.
Für die Politik bleibt die Aufgabe, sicherzustellen, dass der Baht die tatsächlichen wirtschaftlichen Fundamentaldaten Thailands widerspiegelt – und nicht lediglich kurzfristige Ströme von spekulativem oder grauem Kapital. Für die Öffentlichkeit gilt: Ein starker Baht bedeutet nicht zwangsläufig eine starke Wirtschaft.









